150 Jahrfeier des SPD - Ortsverein - Schney. Der Kampf um die Demokratie

30. August 2021

Der Kampf um die Demokratie

vom Ende der Weimarer Republik bis zum Neuanfang 1945

Stolz und selbstbewusst dominierte die Schneyer SPD nach dem 1. Weltkrieg das politische Geschehen im Ort. Sie stellte durchgehend die Mehrheit im Gemeinderat und den Bürgermeister. Andreas Scheller wurde 1925 mit großer Mehrheit gewählt und behielt dieses Amt bis 1933.

Mitglieder aus der Frühzeit SPD-Ortsverein-Schney
Mitglieder aus der Frühzeit des SPD-Ortsvereins Schney(vorne v. li.) Willhelm Fugmann, Andreas Diets, Nikolaus Förtsch, Josef Mahr, Wilhelm Hirsch (hinten v. l.) Pankraz Kolb, Adam Eber, Konrad Wtzgall,Georg Dietz, Kaspar Herold und Andreas Scheller.

Ein Ereignis gegen Ende der Weimarer Republik zeigte, wie hart die Auseinandersetzungen mit den extremen Rechten wurden. Diese Geschichte ging als die „Schneyer Saalschlacht“ in die Parteiannalen der Schneyer SPD ein.

1929 rückten die Nazis mit 100 ortsfremden SA-Schlägern und dem berüchtigten Parteiredner Hans Schemm aus Bayreuth an, um im Stammbergersaal gegen die erfolgreiche SPD zu hetzen. Die Schneyer Sozialdemokraten waren ebenfalls im Saal in stattlicher Anzahl vertreten. Sie wollten die Rechten in eine Diskussion verwickeln, was diese mit allerlei Tricks und Finessen zu verhindern versuchten. Als die Sozis bei dieser Entwicklung den Saal verlassen wollten, wurde ihnen hinterher gerufen, sie seien feige. Ein Wort gab das andere und schließlich entwickelte sich daraus eine veritable Saalschlacht, bei der die Schneyer die Nazis vertrieben. Am Ende blieben einige Verletzte auf der Kampfstätte und ein zertrümmerter Saal. Einige der beteiligten Sozialdemokraten erhielten Anzeigen, wurden aber durch ein Berufungsgericht freigesprochen.

Turnhalle 1929
Die Turnhalle der Freien Turnerschaft Schney wurde 1929 mit viel Eigenleistung der Mitglieder erbaut, bot Unterkunft für die Schneyer Arbeiter-Organisationen, wurde 1933 von den Nazis beschlagnahmt und von der SA genutzt.

Natürlich versuchten bei der Wahl 1929 rechtsgerichtete Kreise in Kumpanei mit den immer stärker werdenden Nationalsozialisten die Vormacht der SPD zu brechen, was aber nicht gelang. Die Solidarität der Sozialdemokraten untereinander und die gute Kommunalpolitik des Bürgermeisters Scheller trugen sicher zu diesem Wahlerfolg bei.

Bürgermeister Scheller
Bürgermeister Scheller 1925-1933. Schwerpunkt seiner kommunalen Arbeit war die Wasserversorgung in Schney mit einer Pumpanlage im Schneitruff und einem Hochbehälter in Stöcken, sowie die Elektrifizierung und der Straßenbau.

Die letzte freie Gemeinderatswahl fand am 22. April 1933 statt. Trotz Drohungen und horrendem Druck seitens der nun in Deutschland herrschenden NSDAP stellten die Sozialdemokraten sowohl mit dem 1.Bürgermeister Fritz Eberth als auch 6 Gemeinderäten die Mehrheit in dem kommunalen Gremium.

Bürgermeister Eberth
Bürgermeister Eberth, wurde 1933 gewählt, aber von den Nazis abgesetzt. 1945 wurde er von den Amerikanern kommissarisch als Bürgermeister eingesetzt, 1946 gewählt war er bis 1966 Bürgermeister der Gemeinde Schney.

Der Schneyer Ortsgruppenleiter der NSDAP beklagte sich in einem Bericht über das aufmüpfige „marxistische“ Dorf Schney. Die „Quittung“ bekamen die Sozialdemokraten schnell. Noch im April 1933 wurde das Wahlergebnis „korrigiert“. Die Kreisleitung der NSDAP Lichtenfels setzte einen ihrer Gefolgsleute als Bürgermeister ein und sieben Schneyer Sozialdemokraten wanderten in ein Konzentrationslager oder in das Gefängnis. Darunter waren Männer wie Konrad Witzgall, Johann Barth, Fritz Eberth, Heinrich Gärtner und Willy Hauffe. Auch der 67jährige Landtagsabgeordnete Wilhelm Hirsch wurde unter Druck gesetzt. Die Verfolgungen gingen nun immer weiter und wurden verschärft. Das NS-Regime zeigte immer offener seine diktatorische Fratze. Die Sozialdemokratische Partei, die natürlich wie alle anderen Parteien verboten wurde, musste nun zum zweiten Mal in ihrer Geschichte in den Untergrund gehen. Die Gleichschaltung, was nichts anderes bedeutete als die Ausrichtung der ganzen Gesellschaft auf den nationalsozialistischen Staat hin, machte sich auch in Schney bemerkbar. Das hatte zum Beispiel zur Folge, dass Organisationen, die der SPD nahe standen, aufgelöst wurden und dass deren Vermögen an den Staat bzw. an NS-Organisationen überging. Das betraf den Arbeitergesangverein ebenso wie den Arbeiter-Radfahrerverein, die Freie Turnerschaft, die Konsum-genossenschaft, sowie die Gewerkschaft. Vor allem die jungen Sozialisten kämpften im Untergrund auf konspirative Weise weiter für ihre Sache. Ein ausgeklügeltes Warnsystem verhinderte, dass man ihrer habhaft wurde, wenn wieder einmal aus dem Ausland geliefertes Material verteilt wurde. Ein Schneyer SPD-Mitglied, der damals an diesen gefährlichen Aktionen beteiligt war, erzählte einmal, dass beispielsweise ein offener oder geschlossener Vorhang signalisierte, ob Gefahr bestand oder nicht. Natürlich konnten unter diesen Bedingungen die Parteistrukturen kaum aufrecht erhalten werden und so erforderte die Zeit nach dem 2. Weltkrieg und dem Zusammenbruch des NS-Regimes einen echten Neubeginn. Die Amerikaner, die 1945 auch Schney „eroberten“, setzten Fritz Eberth kommissarisch als Bürgermeister ein. Er übernahm das Amt unter extrem schwierigen Bedingungen, die Verbindung nach Lichtenfels war durch die Zerstörung der Mainbrücken unterbrochen, Heimat-vertriebene strömten auch nach Schney, es fehlte an Kleidung, Brennmaterial, Möbeln, Räumen und vielem mehr. Fritz Eberth wurde 1946 mit überwältigender Mehrheit gewählt und auch die SPD fand in Schney zu alter Stärke zurück.

Reinhard Blechschmidt, Am Brand 35, 96215 Lichtenfels

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